Lösung des Schlickproblems und Sanierung der Gewässergüte
Die Entwicklung des Schlickproblems
Durch Veränderungen des Flusslaufs – Begradigungen und Vertiefungen – sowie den Wegfall von natürlichen Schlick-Ablagerungsgebieten hat sich das Verhältnis von Ebb- und Flutdauer in der Ems erheblich verschoben und die Schlickbelastung über die Jahre wachsen lassen. Weil der Fluss tiefer und gerader wurde, ist die einlaufende Flutwelle immer schneller und heftiger geworden und läuft in immer kürzerer Zeit bis zur Grenze des Tideeinflusses in Herbrum. Der Ebbstrom hingegen verläuft langsamer und gleichmäßiger. Wegen dieser Asymmetrie sind die Fließgeschwindigkeiten während der Flut sehr viel höher als während der Ebbe. Dies bedeutet, dass der Flutstrom schon über viele Jahre deutlich mehr Sedimente in den Tidefluss hineingetragen hat, als die Ebbe wieder ausräumen kann. Zudem wird der Schlick aus dem Emder Hafen – hier baggert das Land Niedersachsen – nicht mehr aus dem Flusssystem entfernt, also nicht mehr an Land untergebracht.
Die Situation heute
Die Ems ist deswegen heute sehr viel stärker mit Schlick belastet als andere Flüsse. Das bedeutet nicht nur, dass sich im Flussbett und in den Seitenbereichen viel Sediment absetzt, sondern auch, dass es einen sehr hohen Anteil von gelöstem Schlick im Flusswasser selbst gibt. Nach Messungen der Forschungsstelle Küste des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) beträgt die Schwebstoffkonzentration im Emswasser das 100- bis 1000-fache jener in Elbe und Weser. In der Ems bildet sich so eine regelrechte Schicht aus flüssigem Schlick (Fluid Mud), die sich mit der Tide nur wenig flussauf- und -abwärts verschiebt. Trotz des sehr hohen Sedimentgehalts bleibt diese Mischung flüssig, verhält sich aber anders als Wasser und ist für Lebewesen nicht besiedelbar. Die starke Trübung der Ems und die Belastung mit Schwebstoffen führen oft zu einem sehr geringen Sauerstoffgehalt im Wasser. Vor allem im Sommer ist in Teilen des Flusses kein Sauerstoff verfügbar. Im Winter ist stets eine gewisse Erholung zu verzeichnen. Mit der Lösung des Schlickproblems soll auch der Sauerstoffgehalt wieder ansteigen und die Ems wieder ganzjährig ein Lebensraum für Fische werden. Als eine weitere Folge der in der Vergangenheit erfolgten Flussausbauten und der Erhöhung des Meeresspiegels dringt Salzwasser mit dem Flutstrom weiter in das Flusssystem der Ems hinein als früher. Damit hat sich die Brackwasserzone in der sich Süß- und Salzwasser mischen, flussaufwärts verlagert.
Bund und Land haben sich auf ein gemeinsames technisches Modell verständigt, um der Verschlickung der Ems den Kampf anzusagen und damit dem wichtigsten Ziel des Masterplans näherzukommen: der Lösung des Schlickproblems und der Verbesserung der Gewässergüte. Mit den Toren des Emssperrwerks soll künftig die Tide beeinflusst werden. Die grundsätzliche Machbar- und Wirksamkeit der „Flexiblen Tidesteuerung“ wurde in zwei Studien erwiesen, die die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft-, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit der Unterstützung renommierter Fachgutachter verfasst und Ende 2016 vorgelegt haben. In weiteren aktuellen Untersuchungen hat die Forschungsstelle Küste des NLWKN Notwendigkeit und Wirksamkeit erneut bestätigt. Es wurde auch das Thema zusätzlicher Maßnahmen behandelt. Der Lenkungskreis des Masterplans Ems nahm die Zwischenergebnisse in seiner Sitzung am 7. März 2019 zur Kenntnis, stellte aber fest, dass die Untersuchungen noch keine hinreichende fachliche Grundlage für über die Tidesteuerung hinausgehende Maßnahmen darstellten. Der Lenkungskreis beauftragte daher den NWLKN, die Antragsunterlagen für den Bau einer Sohlsicherung und den Betrieb der „Flexiblen Tidesteuerung“ in Abstimmung mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zu erstellen und das Verfahren zügig einzuleiten. Ob in diesem Zusammenhang zusätzliche Maßnahmen nötig werden könnten, die über die im Masterplan vereinbarten Maßnahmen hinausgehen, solle parallel ohne Zeitdruck geprüft werden. Die Gespräche des Wasser- und Schifffahrtsamtes Emden mit der Schifffahrt über eine verkehrsverträgliche Tidesteuerung werden ebenfalls parallel fortgeführt.


