Polder mit zwei Funktionen

Polder mit zwei Funktionen

Hochwasserschutz und Biotop

Polder Leer: Pläne zur Schaffung ästuartypischen Lebensraums

Der Polder Leer, südlich der Leda an der B 70 gelegen, wurde 1956/57 nach dem Bau des Ledasperrwerks gebaut, um bei Binnenhochwasser überschüssiges Wasser aus dem Leda-Jümme-Gebiet zwischenspeichern zu können. Der Polder mit 3,2 Millionen Kubikmeter Stauraum ist der letzte Entlastungspolder im Hochwasserschutzsystem des Leda-Jümme-Verbands vor der Mündung der Leda in die Ems und befindet sich auch in dessen Besitz. Schon bei Abschluss des Vertrages Masterplan-Ems 2050 wurde der Auftrag formuliert, die Eignung des Polders für die von den Unterzeichnern vereinbarte Schaffung ästuartypischen Lebensraums zu prüfen. Die Vorteile lagen auf der Hand: Der Polder ist von einem Deich umschlossen, liegt nah am Fluss und es muss wenig Boden bewegt werden, um ihn für den Tideeinfluss kompatibel zu machen. Zudem würde er mit seiner Größe von 140 Hektar entscheidend dazu beitragen, den im Vertrag bis 2025 zwingend festgesetzten Meilenstein von 125 Hektar solcher Lebensräume zu erreichen und einen großen Beitrag zu den insgesamt erforderlichen 500 ha leisten. Zurzeit ist der Polder an einen Biolandwirt verpachtet, der die Polderflächen für seinen Milchbetrieb bewirtschaftet.   

Nach der näheren Untersuchung der Bedingungen im Polder und dem positiven Ausgang einer vom Lenkungskreis des Masterplans Ems beauftragten Machbarkeitsstudie steht die Einrichtung eines dem Naturschutz dienenden Polders in dem Entlastungspolder unter drei zentralen Bedingungen:

  1. Die weitere uneingeschränkte Nutzung als Entlastungspolder auch nach der Umgestaltung. Der Hochwasserschutz darf nicht verschlechtert werden.
  2. Eine vom Landwirt akzeptierte Lösung für die Weiterführung seiner Existenz
  3. Die Zusage, den Polder erst nach der Inbetriebnahme der Tidesteuerung in Betrieb zu nehmen

NLWKN und Umweltministerium sowie das Amt für regionale Landesentwicklung traten nach dem Beschluss des Lenkungskreises, das Projekt unter Maßgabe der drei Bedingungen weiterzuverfolgen, in Planungen und Verhandlungen mit dem Leda-Jümme-Verband und dem Pächter ein.

Die bisherigen Ergebnisse:

  1. Der Pächter hat einem Umzug des Betriebes auf eine Domäne des Landes zugestimmt. Der Betrieb wird aus dem Polder Leer in den Landkreis Aurich verlegt
  2. Der Polder wird auch nach einer Umgestaltung in vollem Umfang für den Hochwasserschutz zur Verfügung stehen. Das Ein- und Auslassbauwerk, das durch den Ledadeich verlegt wird, garantiert eine schnelle Leerung des Polders, wenn Hochwasser droht.  Zur Verbesserung der Vorhersagen würde eine enge Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst eingegangen.
  3. Zur weiteren Optimierung des Hochwasserschutzes im Leda-Jümme-Gebiet wird das Land Niedersachsen eine vierte Pumpe in das Ledaschöpfwerk installieren, mit der bei Hochwasser im Binnenland und geschlossenem Sperrwerk Wasser Richtung Ems abgepumpt wird.
  4. Dem Leda-Jümme-Verband sollen durch die Nutzung des Polders für den Masterplan Ems 2050 keine negativen wirtschaftlichen Folgen entstehen.  

Der Ausschuss des Leda-Jümme-Verbands als Vertretung der Mitglieder hat daraufhin im April 2021 der Umgestaltung des Polders Leer zu einem Naturschutzpolder mehrheitlich zugestimmt.

Aktueller Stand

Der NLWKN plant, den Antrag auf Genehmigung der Baumaßnahmen zur Umgestaltung des Polders Leer 2023 bei der Genehmigungsbehörde beim Landkreis Leer einzureichen. In diesem Jahr soll vor allem die genaue Dimensionierung und Lage des Ein- und Auslaufbauwerks im Ledadeich festgelegt werden. Eine inzwischen erfolgte Sondierung von Kampfmittelverdachtsflächen hat nur geringe Auffälligkeiten ergeben, die während der geplanten Erdarbeiten im Polder genauer geklärt werden sollen.

Im Tidepolder Leer sollen Lebensräume die einst das Bild der Ems prägten, wiederhergestellt werden. Dazu ist geplant über ein Ein- und Auslaufbauwerk den Polder wieder an das Tidegeschehen der Leda anzuschließen. Wie in Ems und Leda sollen auch die in den Polder einlaufenden Tiden unterschiedlich ausfallen. Dazu wird die in den Polder ein- und auslaufende Wassermenge entsprechend variiert. Neben einem „normalen“ Tideeinfluss, der am häufigsten auftreten soll, und in dessen Verlauf nur ein Teil der Flächen etwa 10 bis 20 Zentimeter hoch überströmt werden, würden in selteneren Fällen auch erhöhte Polder-Tidehochwasser eingestellt. Mit der Höhe der verschiedenen Tidehochwasser variiert auch das Maß der flächigen Überflutung. Durch den Tideeinfluss und die dadurch bedingte Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung werden sich ästuartypische Biotope wie Brackwasserwatten, Brackwasserpriele oder Röhrichte der Brackmarsch entwickeln. Um die Etablierung dieser Biotope zu unterstützen sollen einzelne Quergräben abgeflacht und aufgeweitet werden. Flache, auch in Ebbphasen wasserführende Tidetümpel ergänzen das Lebensraumangebot für speziell angepasste Tier- und Pflanzenarten.  Es wird erwartet, dass der bei den Baumaßnahmen anfallende Aushub komplett im Gebiet, zum Beispiel auf den Deichbermen, verbleiben kann. 

Weitere Abstimmungsgespräche mit dem Landkreis Leer und dem Leda-Jümme-Verband sind vereinbart und werden stattfinden.

Die Planungen für die vierte Pumpe im Ledaschöpfwerk werden vorangetrieben.