Fischen das Wandern erleichtert
Im Schöpfwerk Pogum ist die fischfreundliche Steuerung gestartet


Pogum. Am Siel und Schöpfwerk Pogum ist Ende Februar eine neue Steuerung der Sieltore in Betrieb gegangen, die Fischen das Wechseln zwischen dem Hauptstrom der Ems und den Gewässern im Binnenland deutlich erleichtern soll. Das Projekt, das gemeinsam von der Sielacht Rheiderland und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) entwickelt und umgesetzt wurde, ist Bestandteil des Masterplans Ems 2050. Eines der im Vertrag festgelegten Projekte zur ökologischen Verbesserung des Flusssystems ist es, die Fischdurchgängigkeit von Sielen und Schleusen an der Ems deutlich zu verbessern.
Der Biologe Dr. Oliver-David Finch von der Betriebsstelle Aurich des NLWKN ist verantwortlich für die Umsetzung dieses Teilprojektes des Masterplan Ems 2050. In Pogum hat er gemeinsam mit den Mitarbeitern der Sielacht Rheiderland, u. a. fachlich unterstützt durch die beiden Schöpfwerkswärter Erich Groen und Jens Meinders, die fischfreundliche Sielsteuerung umgesetzt. Umbau und Programmierung übernahm die Firma Janssen aus Aurich.
Bis zur Neuprogrammierung kannte das Schöpfwerk beim Hubtor nur zwei Stellungen: Auf und Zu. Nun gibt es Zwischenstufen. Und das hat seinen Grund: „Bei einsetzender Ebbe wird das binnenseitige Hubtor für etwa 15 Minuten einen Spalt weit geöffnet“, erläutert Finch. Dadurch strömt vor der eigentlichen Fischsielung schon mal Süßwasser in die Außenmuhde, so dass sich hier, kurz vor dem Dollart, Ems- und Binnenwasser vermischen. Dies wirkt anlockend für die aufstiegswilligen Fische, die von der Ems ins Binnengewässer schwimmen wollen. Im Flutast der täglich zweimal auflaufenden Tide wird das binnenseitige Hubtor ein zweites Mal geöffnet Spätestens jetzt ist dieser Süßwasser-Lockstrom für die Fische Zeichen dafür, dass es hier ins Binnenland geht. Sie schwimmen von der Außenmuhde in die Sielläufe und folgen dem Lockstrom landeinwärts. Die zur Außenmuhde gelegenen Stemmtore stehen offen, so lange Wasser aus dem Binnenland strömt, und schließen sich dann langsam durch den Druck der aufkommenden Flut. In der Zwischenzeit steigen die Fische auf – zuerst die starken Schwimmer, am Ende, wenn die Strömung nach außen nachlässt, die schwachen.
Die fischfreundliche Sielsteuerung läuft regelmäßig in den Zeiträumen vom 10. März bis zum 31. Mai und vom 15. September bis zum 30. November. Damit werden die Wanderzeiten jener Arten abgedeckt, die in ihrem Lebenszyklus regelmäßig zwischen Meer und Binnenland wechseln. Dazu gehören u.a. Stichlinge, Aale und Neunaugen. Profitieren wird aber laut Finch die gesamte Fischpopulation der Ems. Ein Beispiel: „Regelmäßig werden Fische aus dem Süßwasserbereich, etwa Brassen, Rotfedern und Kaulbarsche, mit dem Ebbstrom ins salzige Brackwasser verdriftet. Das ist für sie wegen des Salzgehalts so anstrengend, als würden wir ins Hochgebirge versetzt. Für sie ist es hochgradig angenehm, wenn sie ins Süßwasser ausweichen können.“ Hinzu komme, dass Fische, die aus den Nebengewässern in die Ems schwimmen, nun leichter an anderen Stellen ins Süßwasser zurückgelangen könnten.
Für Obersielrichter Willem Berlin ist das Projekt eine schöne Gelegenheit, „in unserem Verbandsgebiet etwas Gutes für die Natur zu tun und unsere Gewässer zu beleben.“ Für die Umsetzung galten für die Sielacht Rheiderland zwei Voraussetzungen: „Kein zusätzlicher Personalaufwand und kein Salzwasser ins Binnenland.“ Die erste Voraussetzung, so Finch, wurde schon in den ersten Tagen des Betriebs erfüllt: „Die Steuerung läuft vollautomatisch, niemand musste eingreifen.“ Die Wasserstände im Binnenland blieben absolut stabil, sie werden durch die zusätzlichen kurzzeitigen Öffnungen für die Fische nicht merklich beeinflusst. Auch Salzalarm gab es nicht – zur weiteren Überwachung werden aber noch Messsonden für den Salzgehalt im Wymeerer Schöpfwerkstief installiert.
Weitere fischfreundliche Steuerungen wurden im Rahmen des Masterplans Ems bereits an der Knock und an der Schleuse Oldersum des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Ems-Nordsee realisiert. In Petkum und Sautel wurden bereits vorhandene Maßnahmen weiter optimiert. Ihre volle Wirkung werden die fischfreundlichen Steuerungen flussauf vom Sperrwerk entfalten, wenn sich die Ems nach der Verbesserung der Wasserqualität durch die geplante Tidesteuerung wieder in ein lebensfreundlicheres Fischhabitat verwandelt hat und die Populationen der verschiedenen heimischen Fischarten sich hoffentlich wieder vergrößern.