Technischer Test am Sperrwerk geplant

Technischer Test am Sperrwerk geplant

Technischer Test am Sperrwerk geplant

Bund und Land wollen im Sommer 2020 Tidesteuerung erproben

Gandersum. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) bereitet gegenwärtig einen „Technischen Test“ für die Flexible Tidesteuerung vor. Der Test wird gemeinsam mit der Bundeswasserstraßenverwaltung geplant und durchgeführt. Er soll im Sommer 2020 stattfinden und voraussichtlich acht Wochen dauern. Ziel des Vorhabens ist es, Torsteuerungsvarianten mit dem Sperrwerk zu erproben sowie praktische Erkenntnisse über Auswirkungen der Flexiblen Tidesteuerung u.a. auf die Entwässerung des Binnenlandes, die Strömungsverhältnisse im Fluss sowie die Schifffahrt und die Umwelt (Lösung des Schlickproblems in der Unterems) zu gewinnen. Vier Wochen lang soll das Emssperrwerk für wenige Stunden in jeder Tide schließen und in vier weiteren Wochen in jeder zweiten Tide. Die übrigen Zeiten ist das Emssperrwerk wie gewohnt passierbar. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dann in die Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens einfließen, das Voraussetzung für die dauerhafte Einrichtung einer Tidesteuerung mit dem Emssperrwerk ist.

Der Antrag auf Genehmigung des Technischen Tests wird voraussichtlich noch in diesem Jahr gestellt.  

Die Flexible Tidesteuerung ist das Kernstück des Masterplans Ems 2050 für die Lösung des Schlickproblems in der Unterems. Gegenwärtig informiert der NLWKN Institutionen, Kommunen und Verbände sowie die Wirtschaft über das Vorhaben. Die Vertragspartner des Masterplans Ems 2050 haben dem Test einstimmig zugestimmt. Laut Beschluss des Lenkungskreises soll das Planfeststellungsverfahren für die Tidesteuerung so schnell wie möglich eingeleitet werden. Der NLWKN rechnet mit einem Start des Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2020.

Getestet werden sollen zwar zwei Varianten der Flexiblen Tidesteuerung: Die Flutstrombremse und die Tideniedrigwasseranhebung. Das Hauptaugenmerk gilt beim technischen Test aber der Tideniedrigwasseranhebung. Dabei werden die Tore etwa 2 Stunden vor Niedrigwasser geschlossen. Die Ebbe läuft daher nur unterhalb des Sperrwerks frei ab, der Wasserstand in der Unterems verharrt auf einem Niveau von etwa einem Meter über dem heute üblichen Niedrigwasserstand. Die Tore werden geöffnet, wenn die Flut auf der Seeseite des Sperrwerks wieder den gleichen Wasserstand erreicht hat wie auf der Binnenseite, was etwa 1,5 Stunden nach Niedrigwasser der Fall ist. Der Flutstrom muss dann den stillstehenden Wasserkörper der Unterems in Bewegung setzen, verliert somit an Kraft und transportiert weniger Sedimente – so die Ergebnisse der Modellrechnungen. Da sich die Strömungsgeschwindigkeit nicht erhöht, ist für diesen Test keine Erweiterung der bestehenden Sohlsicherung erforderlich.

In der Unterems werde sich das Wasser während der Sperrphase beruhigen, erläutert Dirk Post, Betriebsstellenleiter des NLWKN in Aurich. Dann werde es zu einer vermehrten Sedimentation kommen. Wenn sich Schlick abgesetzt hat, wo er stört, werde er ausgebaggert. Ziel sei es, den gelösten Flüssigschlick im Wasser zu reduzieren, der für die Sauerstoffzehrung verantwortlich sei. Der seeseitige Nachschub durch die Flut werde deutlich reduziert. Unterhalb des Sperrwerks sei bis zur Knock allerdings mit mehr Sedimentation zu rechnen. Die bestehenden Baggeraufträge werden genutzt, um diese Mehrmengen zügig zu entfernen.

Bei der zweiten Variante, der Flutstrombremse werden die Tore bei Einsetzen der Flut teilweise geschlossen; die Hauptschifffahrtsöffnung komplett und die Nebenöffnungen bis auf unterschiedlich große Durchflussöffnungen. Durch die Einengung wird der Flutstrom gebremst und der Stromauftransport von Schlick vermindert. Wegen der in der Nähe des Sperrwerks entstehenden höheren Fließgeschwindigkeiten ist für eine dauerhaft betriebene Flutstrombremse - anders als bei der Tideniedrigwasseranhebung - die Erweiterung der Sohlsicherung erforderlich. Daher wird diese Variante während des Tests nur kurz ausprobiert, erläutert Reinhard Backer, Dezernent für Betrieb und Unterhaltung landeseigener Gewässer und Anlagen beim NLWKN in Aurich.

Der Technische Test wird von einem umfangreichen Monitoring- und Messprogramm begleitet, das gemeinsam vom NLWKN und dem WSA Emden durchgeführt wird. NLWKN und Bundeswasserstraßenverwaltung erwarten vom Technischen Test zudem Erkenntnisse für die Umsetzung einer verkehrsverträglichen Tidesteuerung.

Hermann Poppen, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Emden stellt klar, dass die Schifffahrt auf der Ems nur so geringfügig wie möglich beeinträchtigt wird. So werden die Tidesteuerungs-Vorgänge in Abstimmung mit den Schifffahrtstreibenden überwiegend in die Nachtstunden und in Zeiträume geringen Schiffsaufkommens gelegt werden. Die Information über die konkreten Sperrzeiten wird jeweils rechtzeitig an die Schifffahrt erfolgen. Diese kann dann möglichst vor und nach der Schließung das Sperrwerk passieren und danach ihren Weg unbeeinträchtigt fortsetzen.

Gegebenenfalls stattfindende Sedimentablagerungen werden durch begleitende Peilungen erkannt und bei Bedarf durch Baggerung beseitigt. Sollten sich schwer wiegende Probleme während des Tests ergeben, etwa Umstände, die die Sicherheit der Schifffahrt gefährden oder unerwartet hohe Niederschlagsmengen im Binnenland, die eine schnelle Entwässerung erfordern, kann er jederzeit unterbrochen oder modifiziert werden.