Technischer Test am Sperrwerk startet

Technischer Test am Sperrwerk startet

Bund und Land gehen in die Praxiserprobung der Tidesteuerung

Gandersum. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und die Bundeswasserstraßenverwaltung starten in der Nacht zum 29. Juni einen achtwöchigen Test der flexiblen Tidesteuerung mit dem Emssperrwerk. Ziel ist es, Torsteuerungsvarianten mit dem Sperrwerk zu erproben sowie praktische Erkenntnisse über Auswirkungen der Flexiblen Tidesteuerung u.a. auf die Entwässerung des Binnenlandes, die Strömungsverhältnisse und den Sedimenttransport im Fluss sowie die Schifffahrt und die Umwelt (Lösung des Schlickproblems in der Unterems) zu gewinnen. Vier Wochen lang soll das Emssperrwerk für wenige Stunden in jeder Tide schließen und in vier weiteren Wochen in jeder zweiten Tide. Die übrigen Zeiten ist das Emssperrwerk wie gewohnt passierbar. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dann in die Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens einfließen, das Voraussetzung für die dauerhafte Einrichtung einer Tidesteuerung mit dem Emssperrwerk ist. 

Getestet werden sollen zwar zwei Varianten der Flexiblen Tidesteuerung: Die Flutstromsteuerung und die Tideniedrigwasseranhebung. Das Hauptaugenmerk gilt beim technischen Test aber der Tideniedrigwasseranhebung. Dabei werden die Tore etwa 2 Stunden vor Niedrigwasser geschlossen. Die Ebbe läuft daher nur unterhalb des Sperrwerks frei ab, der Wasserstand in der Unterems verharrt auf einem Niveau von etwa einem Meter über dem heute üblichen Niedrigwasserstand. Die Tore werden geöffnet, wenn die Flut auf der Seeseite des Sperrwerks wieder den gleichen Wasserstand erreicht hat wie auf der Binnenseite, was etwa 1,5 Stunden nach Niedrigwasser der Fall ist. Der Flutstrom muss dann den stillstehenden Wasserkörper der Unterems in Bewegung setzen, verliert somit an Kraft und transportiert weniger Sedimente – so die Ergebnisse der Modellrechnungen. Da sich die Strömungsgeschwindigkeit nicht erhöht, ist für diesen Test keine Erweiterung der bestehenden Sohlsicherung erforderlich. Bei der zweiten Variante, der Flutstromsteuerung werden die Tore bei Einsetzen der Flut teilweise geschlossen; die Hauptschifffahrtsöffnung komplett und die Nebenöffnungen bis auf unterschiedlich große Durchflussöffnungen. Durch die Einengung wird der Flutstrom großräumig gebremst und der Stromauftransport von Schlick vermindert. Wegen der lokal in der Nähe des Sperrwerks entstehenden höheren Fließgeschwindigkeiten ist für eine dauerhaft betriebene Flutstromsteuerung - anders als bei der Tideniedrigwasseranhebung - die Erweiterung der Sohlsicherung erforderlich. Daher wird diese Variante während des Tests nur kurz ausprobiert.  

Der Technische Test wird von einem umfangreichen Monitoring- und Messprogramm begleitet, das gemeinsam vom NLWKN und der Bundeswasserstraßenverwaltung durchgeführt wird. Schlickverteilung, und Gewässergüteparameter wie Salz und Sauerstoff werden möglichst genau erfasst. Dazu dienen feste Messstationen und Untersuchungen von Schiffen aus sowie eigens ausgelegte Messsonden. NLWKN und Bundeswasserstraßenverwaltung erwarten vom Technischen Test zudem Erkenntnisse für die Umsetzung einer verkehrsverträglichen Tidesteuerung.

Gegebenenfalls stattfindende Sedimentablagerungen werden durch begleitende Peilungen erkannt und bei Bedarf durch Baggerung beseitigt. Sollten sich schwerwiegende Probleme während des Tests ergeben, etwa Umstände, die die Sicherheit der Schifffahrt gefährden oder unerwartet hohe Niederschlagsmengen im Binnenland, die eine schnelle Entwässerung erfordern, kann er jederzeit unterbrochen oder modifiziert werden. Der NLWKN und das WSA Ems-Nordsee haben bei den Planungen in Sachen Auswirkungen auf den Emder Hafen eng mit dem Hafenbetreiber NPorts zusammengearbeitet, der auch während des Test stark in die Kommunikation eingebunden ist.

Weitere Informationen rund um den Test der Tidesteuerung finden Sie auch auf den Seiten des NLWKN unter https://www.nlwkn.niedersachsen.de/tidesteuerung/